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Kanada auf eigenen Beinen

Der immer stärkere Ruf nach einer selbstverwalteten Konföderation der einzelnen Provinzen (Dominion) wurde 1867 in London erhört. Zuerst schlossen sich Quebec, Ontario, Nova Scotia und New Brunswick zusammen, 1870/71 kamen die Nordwestgebiete, Manitoba und British Columbia  dazu, 1905 dann Alberta und Saskatchewan, zuletzt 1949 Neufundland als zehnte Provinz.

1873 wurde schließlich die berühmte „Mounted Police“ gegründet, um die ausufernde Gesetzlosigkeit der abgelegenen Provinzen zu bekämpfen, die ja erst langsam per Eisenbahn an den Rest der Welt angebunden wurden. 1885 erschütterte die Métis-Rebellion den Westen Saskatchewans. 6.000 sogenannte Métis, französisch-indianische Nachkommen von Trappern,  proklamierten unter ihrem Anführer Louis Riel eine unabhängige Republik und besetzten einige Forts und Siedlungen. Die Zentralgewalt in Ottawa schlug hart zurück und beendete nach wenigen Wochen „den letzten Krieg des Westens“.

Kanada Karte

Kanada Karte ©iStockphoto/Cerbi

Danach brach eine gewisse Blütezeit an, Kanada wurde, besonders unter der Ägide von Premierminister Sir Wilfried Laurier (1896-1911), einer der größten Exporteure von Eisenerz, Kohle, Stahl, Holz und Weizen. Chinesische und russische Einwanderer siedelten sich gegen Ende des 19. Jh. im Westen an, der Zustrom europäischer Wirtschaftsflüchtlinge in den Osten versiegte nie und die abgelegenen Nordwestgebiete wurden während der Goldrauschzeiten erschlossen.

Der 1. Weltkrieg brachte großes Leid über das noch junge Land: 10 Prozent der 620.000 kanadischen Soldaten fielen, 150.000 waren nach Kriegsende invalide. Die 1917 eingeführte Zwangsrekrutierung brachte das Land außerdem an den Rand eines Bürgerkrieges zwischen den englisch und französisch sprechenden Bewohnern. Wirtschaftlich erholte sich das Land aber gut, die alkoholische Versorgung der von der Prohibition gebeutelten US-Bevölkerung machte einige Kanadier steinreich. Die Weltwirtschaftskrise traf Kanada jedoch genauso hart wie die USA, die Rettung kam absurderweise erst mit dem Ausbruch des 2. Weltkrieges. Besonders die Rüstungswirtschaft und der Schiffsbau boomten, Kanada wurde ein industrialisiertes und reiches Land. Trotzdem war das Land innerlich gespalten, besonders die etwa 6 Millionen französisch sprechenden, meist katholischen Einwohner Quebecs fühlten sich (und waren) unterrepräsentiert im öffentlichen Leben. In den 60er und 70er Jahren kam es deswegen zu gewaltsamen Unruhen, Terroranschlägen und politischen Morden in Quebec. Die Zentralgewalt reagierte mit Macht, aber auch mit Fingerspitzengefühl: Die Zweisprachigkeit wurde eingeführt, Französisch also zweite Amtssprache, die Kultur und Traditionen geachtet und gefördert, das weniger stark industrialisierte Quebec erhielt eine besondere Wirtschaftsförderung.

Auch heute besteht noch immer ein deutlicher Graben zwischen dem weiter nach Unabhängigkeit strebenden Quebec und den anderen Provinzen. Die Stämme der „First Nations“ betrachten die derzeitige territoriale Ordnung noch nicht als „in Stein gemeißelt“. Nachdem sich das Inuit-Homeland Nunavut 1999 von der ehemaligen Nordwestprovinz abspaltete, möchten auch weitere Stämme ihr ursprüngliches Land und ihre Autonomie von der Regierung zurück. Ein Großteil der kanadischen Innenpolitik ist daher auf Interessensausgleich zwischen den Volksgruppen bedacht.

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